Aus zwei werden drei.

Immer wieder kommt die Frage Kaiserschnitt oder natürlich entbunden? Als wäre das relevant. Obwohl das ja auch eigentlich gar niemanden etwas angeht fühlt man wie die Leute einen erstmal herabschauend anblicken. Doch mittlerweile kenne ich so viele Geschichten, die meiner eigenen ähneln, dass ich darauf gepflegt sch*****.
Es war definitiv nicht geplant am 18.08.20, 3 Wochen vor eigentlichem Geburtstermin zu entbinden. Doch erstens kommt es immer anders und zweitens als man denkt.
Tage zuvor schon fühlte ich mich wirklich komisch. Mir War schummrig, ich fühlte diesen permanenten Schwindel, und ich sah aus wie die Frau von Michelin. Der Blutdruck, lag weit über den normalen Bereich und hinzu kam, dass ich anfing Konturen um Dinge zu sehen.
Anfangs war ich davon überzeugt, dass es die Hitze war, die meinen Zustand so verschlechtern ließ. Ich wartete also erstmal den Termin beim Gynäkologen 17.08 ab. Nach einigen Tests, hatte er Verdacht auf eine Gestose/Schwangerschaftsvergiftung. Er meinte die Werte wären grenzwertig und er würde mich gerne zwei Tage später wieder in der Praxis untersuchen, um auszuschließen, dass es mir und dem Baby noch schlechter geht als ohnehin schon.
Ich ging am nächsten Tag noch ganz gemütlich mit meiner Mutter einkaufen, wobei ich schon merkte dass irgendwas überhaupt nicht stimmt. Daraufhin ist sie mit mir zum Arzt gefahren. Gegen 16h sagte dieser wiederrum ganz ernst ‚wir fackeln nicht lange. In 2 Stunden ist ihr Baby da.‘ Panik.
Natürlich war dies nicht der Weg den ich mir für eine Geburt vorgestellt hatte… Doch es musste dringend gehandelt werden, damit nicht alles noch schlimmer wurde.
Von der Praxis, ging es direkt zum gegenüberliegenden Krankenhaus, wo das Personal schon in den Startlöchern stand.
Plötzlich ging alles total schnell. Ich sagte noch zu meinem Freund, dass er ruhig seine Arbeit beenden könnte bis 17:00 Uhr. Fehlanzeige. Bereits zu der Zeit war der OP schon vorbereitet. Zum Glück war meine Mutter mit dabei, bevor es losgehen. Als ich inständig frug, ob wir noch etwas warten können, dass ich vorher noch meinen Partner sehe , gab man uns circa weitere 20 Minuten.
Leider konnten wir uns also vor der OP nicht mehr sehen. Die Schwester bereitete mich nun für den chirurgischen Eingriff vor und erklärte mir ein paar Details zum Ablauf, da ja alles anders angegangen wegen Corona.
Nun schob sie mein Bett runter in den OP.
Keiner durfte dabei sein, niemand da um meine Hand zu halten. Selbst das Personal durfte nicht in direkten Kontakt zu mir stehen. Auf meine Frage ob irgend jemand meine Hand halten könnte, verneinte man dies bedingt durch Corona. Da lag ich nun, ganz alleine, umgeben von Fremden, auf einem eiskalten Tisch – in einem eiskalten OP.
Es ist eine Operation, kein Besuch bei der Kosmetikerin. Jetzt ist es unheimlich und kalt. Im wahrsten Sinne des Wortes, weil der Anästhesist mit einem eiskalten Metallstab über den unteren Bauchbereich fährt und testet, ob die Peridural- oder Spinalanästhesie gewirkt hat. Die Maske zwickt im Gesicht, der Puls geht schnell, der Partner ist nicht da. Und man zittert am ganzen Leib.
Die Schmerzen während dem Eingriff sind gering, dank der Periduralanästhesie. Es ist ein vehementes Ziehen, ein ruppiges Ruckeln, man ist froh, nicht mitzukriegen, was in der unteren Körperhälfte grade passiert. Insofern man nicht grade wie ich in die sich spiegelnden OP Lampen schaut. Stattdessen denkt man intensiv an das, was jetzt hoffentlich gleich da ist: das Baby.
Um 18.02h hörte ich ihren ersten Schrei und so kam auch die Euphorie wieder zurück, die Freude, und man vergisst, dass der Gynäkologe in jenem Moment die eigene Bauchdecke zutackert, die er zuvor tief und durch alle Schichten aufgeschnitten hat. Ich war überwältigt und heulte wie ein Schlosshund.
Leider durfte ich sie nur ganz kurz sehen, da sie Probleme beim Atmen hatte. Die Kinderärztin und Hebamme nahm meine Kleine sofort mit und verschwanden hinter eine große blaue Türe.
Danach wurde ich zugenäht. Schicht für Schicht.
Da ein Assistenzarzt anwesend war erklärte mein Gynäkologe haargenau, was er wie machte. Natürlich verstand ich genau was da vor sich ging.
Wegen Corona durfte ich nicht mal in den Aufwachraum oder Kreissaal. Ich musste auf diesem kalten OP Tisch liegen bleiben und warten was passiert. Die OP Schwester kontrollierte meine Werte, und ich lag bis circa 19:00 Uhr zur Kontrolle in diesem leeren OP.
Man ist erschöpft und fühlt einen leeren Bauch.
Endlich ging es zu meinem Baby und meinem Partner.
Ich war so glücklich als ich ihn dort mit unserem Baby sitzen sah. Das haben wir geschaffen.
Doch gegen 20h ein paar Stunden später aber erinnert ein stechender Schmerz daran, dass die PDA sich zurückzieht. Zusätzlich zu den Nachwehen meldet sich auch die frische Narbe. Höllenschmerzen treten nach all der Euphorie ein.
Gegen 20.30h schrie ich mir noch vor Schmerzen. Man hängt an Infusion und Katheter.
Erst nachdem mir die Schwester Morphium verabreichte ließ der Schmerz endlich etwas nach.
Während die Mütter, die natürlich geboren haben, mit ihren Babys ins Wickelzimmer spazieren, humpelt man selbst am nächsten Tag weinend zum Klo. Der Katheter wurde am nächsten Morgen um 8h gezogen und die Hebammen triezten einen sofort aufzustehen und zu gehen.
Klingt einfach ist aber der intensivste Schmerz den ich je erlebt habe. Der Damm bleibt vielleicht unversehrt und man hatte keine stundenlangen Wehen, aber auch der Kaiserschnitt hinterlässt mehr als eine Narbe.
Das Stillen verursacht Nachwehen und der Schmerz ist vergleichbar mit Presswehen erklärte mir die Hebamme.
Heute ist Tag 3 nach dem Eingriff und ich bin ca 6x aufgestanden um auf Toilette zu gehen. Für die 5m dauert es ca 20 Minuten hin und zurück. Das Narbengewebe brennt wie Feuer und es fühlt sich wirklich so an als würden all deine Organe die Bauchdecke durchbrechen.
Ein Kind zur Welt zu bringen, ist eine blutige und anstrengende Leistung, in jedem Fall.
Eine Frau, die einen Kaiserschnitt wählt oder sich für ihn entscheiden muss, macht die Geburt nicht lächerlich. Man ist nicht feige. Nicht bequem. Nicht minderwertig.
Man ist eine Mutter und hat eine Geburt geschafft. Und sollte darauf stolz sein dürfen.
